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Tasting: Laphroaig (malt’n’taste)

Laphroaig Tasting 2016

Malt'n'Taste gab sich mal wieder die Ehre. Diesmal stellte Michael uns mit Laphroaig eine einzelne Destillerie vor. Nicht dass die Whiskies aus der südlichsten der Islay-Brennereien den Teilnehmern (größtenteils Stammgäste, aber auch einige Neulinge) unbekannt gewesen wären, aber Michael wäre nicht Michael, wenn er sich nicht einige Überraschungen ausgedacht hätte.

Die erste Überraschung war schon an der Tastingunterlage abzulesen, die auf jedem Platz lag: die zehnjährige Standardabfüllung sollte das Tasting beschließen. Sehr ungewöhnlich, hebt sich doch jeder Veranstalter gerne eine Besonderheit für den Schluss auf. Dass der Abschlusswhisky dennoch goldrichtig platziert war, zeigte sich dann, als er an der Reihe war. Der intensive Rauch, für den Islay gerade durch seine Standardwhiskies bekannt ist, hätte alle nachfolgenden Whiskies erschlagen.

Stattdessen ging es mit einer (für Laphroaig) seltenen Jahreszahl los:

  • 16 yrs Travel Retail, 43% - Dieser Whisky wird eigentlich für den Travel Retail Bereich (also die Duty Free Shops an Flughäfen) vermarktet, aber heutzutage bekommt man diese Whiskies in der Regel auch im gut sortierten Handel. Die Farbe (M7, Safran) ist hier nicht ganz natürlich, für Zielgruppen jenseits der absoluten Experten hilft man - wie auch hier - gerne mal mit Zuckerkulör nach. In der Nase ist der 16-jährige vergleichsweise weich, obwohl keinesfalls rauchfrei, außerdem Holz, Medizin, Zitrusfrüchte und brauner Zucker. Auch im Mund ist er recht mild, aber er prickelt ganz leicht auf der Zunge. Die Holznoten sind wieder da, aber aus den Zitrusfrüchten sind jetzt weiche und süße Aprikosen geworden. Das Finish ist eher kurz und hat ein wenig von kaltem Rauch. Interessant: nachdem alles weg ist, kommt nochmal ein Schub Torf.

Vor dem nächsten Whisky gab es dann (als Zwischengang?) eine weitere Überraschung. Michael hatte John Campbell, den Distillery Manager von Laphroaig, angeschrieben und von ihm ein Video mit ein paar persönlichen Worten an die Teilnehmer bekommen. Natürlich wünschte uns John auch viel Spaß und Genuss beim Tasting. Thanks a lot, John, we absolutely enjoyed the tasting!

  • Weiter ging es mit dem Triple Wood, 48% ohne Altersangabe, der in drei unterschiedlichen Fasstypen (Bourbon, Sherry, Quarter Cask) gelagert wurde. Die Sherryfässer dürften für die Farbe (M8, Kupfer) verantwortlich sein, und auch die kleinen Quarter Casks haben vermutlich einiges zum Charakter des Whiskys beigetragen. In der Nase ist er eigentlich recht weich, aber eine kleine Schärfespitze kommt gelegentlich durch. Ansonsten herrschen Noten von Sherry und Tabak vor, und auch die Bourbonfässer haben etwas Holz hinterlassen. Im Geschmack streiten sich dann süße Sherrynoten und scharfe Rauchnoten um die Vorherrschaft, ergänzt von einem kleinen Einschlag Säure. Das Finish ist mittellang und rauchig.

An dieser Stelle hatte Michael eine weitere Überraschung eingebaut. Wer seine Tastings kennt, der erinnert sich vielleicht an das eine oder andere darunter, bei dem es zu jedem Whisky passend eine Praline gab. Diese Pralinen wurden von der Besitzerin der Chocolaterie Das Bernsteinzimmer kreiert, und Solvejg hatte passend zum nächsten Whiky eine Schokolade gezaubert:

Eine Schweizer Schokolade mit 70% Kakao-Gehalt. Aber eine spezielle, die nach alter, spanischer Rezeptur hergestellt ist und deswegen noch den Crunch von den Zuckerkristallen hat.

In der Schokolade steckt eine Prise schwarzer Pfeffer, frisch geröstetes Roggen-Sauerteig-Brot und lang gekochte Fudge-Stücke, die durch das lange Kochen eine festere Konsistenz bekommen haben. Diese werden erst im Mund wieder weich und geben ihre Aromen erst ganz zum Schluss preis.

Der Fudge: Ein Laphroaig-Whisky-Fudge mit über Zigarren geräuchertem Chili, über Buchenholz geräuchertem Salz, dark Muscovado-Zucker, Zucker-Rübensirup und Bourbon-Vanille.

Was sich in der Beschreibung schon andeutet, entwickelte sich im Mund zu einer Geschmackskaskade, die man erlebt haben muss (was leider nicht geht, weil die Schokolade eine einmalige Kreation war und nicht mehr erhältlich ist). Wenn man ihr Zeit gibt, entfaltet sie ihre Geschmacksnuancen tatsächlich eine nach der anderen, manchmal wie umgeschaltet. Der Whisky beschleunigt die Geschmackskaskade, so dass die einzelnen Noten sich mehr miteinander vermischen. Und ganz zum Schluss löst er sehr intensiv das Salz aus dem Fudge. Wirklich klasse. Ich verbeuge mich vor der Künstlerin.

  • Der zur Schokolade servierte Whisky war der Brodir Travel Retail, Batch 001, 48%. Also wieder einer aus dem Duty Free Shop. Man darf deshalb auch hier der Echtheit der Farbe (M10, Hennarot) skeptisch gegenüberstehen. In der Nase finde ich Holz und Früchte, außerdem Portnoten, die wohl auf die verwendeten Fässer zurückgehen. Auf der Zunge dann herrschen Holz, scharfer Rauch und angenehme Wärme vor, die sich bis ins mittellange Finish zieht. Insgesamt hat der Brodir in meinen Augen eine gewisse Ähnlichkeit zum Ardbeg Corryvrreckan, der aber weniger kostet und (noch) besser schmeckt.

  • SMWS 29.121, 20 yrs, 55,1% - Auch das kann man getrost als Überraschung bezeichnen. Die Abfüllungen der Scotch Malt Whisky Society (dafür steht das "SMWS") sind für Außenstehende nicht leicht zu bekommen, und wer eine ergattert hat, wird sie in aller Regel nicht bei einem Tasting an andere Leute verteilen. Wer es, wie Michael, trotzdem tut, der wird belohnt mit der Freude, die es macht, einen guten Whisky zu teilen und gemeinsam zu genießen. Dieser hier (Farbe: M8, Kupfer) entwickelte in der Nase sehr vielfältige Noten. Neben Holz Torf und Rauch sind maritime Noten (Salz und Meer) da, aber auch Süße, frische Zitrusfrüchte und etwas, das an die Lösungsmitteln in Kleber erinnert. Auf der Zunge beißt dieser Whisky, kein Wunder bei 55,1%, und auch der Rauch trägt seinen Teil dazu bei. Die Süße kommt ebenfalls nicht zu kurz, und ganz zum Schluss schlägt noch pfeffrige Schärfe zu. Das Finish ist lang und warm, rauchig und pfeffrig. Ein Genuss!

  • 25 yrs, 40% - Mit dem 25-jährigen hatten wir dann den Senior des Abends im Glas, der sich farblich ebenfalls im Bereich M8 (Kupfer) bewegte. In der Nase versammeln sich Rauch und Süße, Sherry, Früchte und eingelegte Rosinen zu einem Gesamteindruck, den jemand am Tisch mit "Whiskylimonade" bezeichnete. Das war natürlich nur Spaß, aber der Eindruck ist schon sehr weich und fruchtig. Das setzt sich auch auf der Zunge (weiche Früchte) fort, aber hier schmeckt man auch das Alter und die Balance von 25 Jahren Ruhe und Reife. Das Finish schließlich ist nur kurz aber weich und samtig. Dieser Whisky hat die Zeit, die man ihm gelassen hat, wirklich genutzt.

  • Tja, und dann kam der 10 yrs, 40%, den ich zu Beginn schon erwähnt habe. Über den Whisky an sich habe ich an anderer Stelle auf Drambo schon berichtet, deshalb spare ich mir hier die Details. Was aber erwähnenswert ist, ist der Eindruck im Kontext der anderen Whiskies aus derselben Destillerie. Wir waren ja darauf vorbereitet, dass der letzte der rauchigste Whisky sein würde. Aber als wir dann unsere Nase in die Gläser hielten, kam da - nichts. Naja, „nichts“ ist übertrieben, aber der Eindruck war so weich, dass es doch eine Reihe verblüffter Blicke gab. Allerdings gab es dann mit dem ersten Schluck fast erleichtertes Aufatmen: er ist es doch! Kein Zweifel, hier beißt der Rauch, wie man es vom 10-jährigen Laphroaig kennt. Ein Paukenschlag zum Abschluss, erwartet und doch völlig anders.

Zur Destillerie gehts hier: Laphroaig

Zur Tasting-Webseite gehts hier: malt'n'taste

Ledaig 2008 Signatory Un-Chillfiltered Collection

Ledaig 2008 Signatory Un-Chillfiltered Collection

Mein erster Besuch in Schottland führte mich auf die Insel Mull. Das war 1990 und ist jetzt schon ganz schön lange her. Damals war ich noch Student, und als solcher hatte man mehr Zeit als heutzutage. Na, um ehrlich zu sein: man nahm sie sich einfach, aber auch das ging damals einfacher als heute.

Ich besuchte damals eine Freundin, die ihrerseits zu Besuch bei einer ehemaligen Lehrerin war, die nach Ihrer Pensionierung nach Mull gezogen war. Ich hatte also das Glück, statt im Hotel bei Einheimischen (OK, Zugereisten) privat zu übernachten. So bekam ich sicherlich mehr von der Insel mit als es bei einem Aufenthalt als klassischer Tourist möglich gewesen wäre. Wir besuchten Freunde der Gastgeberin in einem Cottage, eine ganze Wegstrecke vom nächsten Haus entfernt, aber dafür unmittelbar an einer wunderschönen Seitenbucht von Loch Scridain. Wir waren zum Abendessen bei Nachbarn, wo der "Hausherr" als alter Seebär regelmäßig die Gezeiten protokollierte und dem kein Schiff entging, das im Sound of Mull sein Wohnzimmerfenster passierte. Und natürlich durfte ein Besuch in Tobermory nicht fehlen. Alles in allem waren das fünf Tage, die mir diese Insel sehr sympathisch gemacht haben. Übrigens dürfte dazu auch beigetragen haben, dass ich während der ganzen Zeit keinen Tropfen Regen gesehen habe ...

Whisky war damals noch gar nicht mein Thema. Das kam erst viel später. Ein erneuter Besuch in Schottland 1996 (Edinburgh, Skye, Mull) mit Destilleriebesuchen in Aberfeldy und bei Talisker hat wohl das seinige dazu beigetragen. Aber die Begeisterung für die Whiskies aus Tobermory (sowohl die ungetorften Tobermories als auch die getorften Ledaigs) brach erst letztes Jahr so richtig aus, als wir die Anreise zur Schiffstour nach Islay um einen Tagesausflug nach Mull ergänzten. Tolle Destillerieführung, wunderschöner Ort, (wieder mal) Traumwetter, und dann der Whisky ...

Seitdem habe ich immer wieder ein Auge auf die Abfüllungen von Mull, und nachdem auch Bekannte und Kollegen auf meine Vorliebe aufmerksam geworden sind, kommt auch aus dieser Richtung gelegentlich ein Tipp. So auch der Hinweis auf den nur siebenjährigen Ledaig 2008 aus der Un-Chillfiltered Collection von Signatory. Es handelt sich um eine vergleichsweise preiswerte Einzelfassabfüllung, destilliert am 21.02.2008 und abgefüllt am 20.07.2015 mit 46%. Das Fass war ein Hogshead mit der Nummer 800024, und der Farbe nach zu urteilen dürfte es sich um ein mit Bourbonwhisky vorbelegtes Fass gehandelt haben - wenn überhaupt. Jedenfalls wurde der Whisky nicht nachgefärbt, und übrigens auch nicht kühlgefiltert. Na gut, sonst hätte er ja auch nichts in der Un-Chillfiltered Collection zu suchen. Die Flaschennummer ist die 4(!), leider ist nirgends vermerkt, von wie vielen. Auch die Whiskybase schweigt sich dazu aus.

Colour: C3 (Stroh)

Nose: Das geht ja gut los. In der Nase ist der Ledaig kraftvoll und scharf. Der Rauch ist intensiv und nicht ganz so ölig wie bei anderen Ledaigs (insbesondere denen aus Sherryfässern). Hefe, Gras und Holz herrschen vor und vermitteln einen sehr frischen Eindruck. Dahinter ein wenig Harz und Jod. Und Vanille? Ich weiß nicht. Die sollte bei einem Bourbon-Fass ja auch nicht fehlen. Ich finde sie aber höchstens andeutungsweise. Vielleicht ist das Fass doch ein ganz frisches gewesen?

Taste: Auf der Zunge ist der Whisky erstaunlich leicht, recht ausgeglichen und salzig. Außerdem weiß ich jetzt, was der ursprüngliche Autor des Tastingsheets, das ich verwende, mit "trocknend" gemeint hat. Ich hatte tatsächlich das Gefühl, dass meine Zunge kurz nach dem Schluck trocken war. Die frischen Duftnoten von Holz und Gras sind auch im Geschmack zu finden, dazu Zitrusschale und - natürlich - Rauch. Vanille? Wieder Fehlanzeige.

Finish: Der Abgang ist mittellang und nicht übermäßig bemerkenswert. Hauptsächlich Rauch.

Insgesamt ist der Ledaig kein sonderlich komplexer Whisky. Ihn als einfach zu bezeichnen, wird ihm aber auch nicht gerecht. Er ist halt - anders. Ich finde ihn durchaus reizvoll, das ist beileibe kein Alltagswhisky. Aber damit allein hätte ich mich nicht so für die Whiskies von Mull begeistert.

Wertung:

Zur Destillerie gehts hier: Tobermory

Springbank 15 yrs Private Bottling

Springbank 15 yrs Cologne Trust

Gelegentlich stößt man auf Besonderheiten, mit denen man überhaupt nicht gerechnet hatte. Oder man wird darauf gestoßen. So ging es mir vor einiger Zeit. Ein alter Freund, von dem ich schon lange nichts mehr gehört hatte (außer dass es eine dieser schlafenden Facebook-Bekanntschaften gab - "geklickt und vergessen") hatte meine Posts zum Thema Whisky registriert und mir eine Überraschung angekündigt, wenn wir uns mal wieder sähen. Die Gelegenheit ließ ich mir nicht entgehen: das Treffen war schnell vereinbart, und die Überraschung stellte sich als exzellenter Whisky aus einer Privatabfüllung heraus.

Vor einigen Jahren wollte Springbank sich vergrößern (ein neues Warehouse, glaube ich), ohne Fremdkapital ins Unternehmen zu holen. Stattdessen wurden Fässer an Kunden verkauft. Besagter Freund tat sich mit einigen Bekannten zusammen und investierte in ein Sherryfass, das befüllt und in der Destillerie eingelagert wurde. Da man sich nach zehn Jahren nicht einig wurde, was man denn jetzt mit dem guten Tropfen tun sollte, wurde erstmal auf Zeit gespielt und die Lagerung fortgesetzt - zweimal, um genau zu sein. Nach dann 15 Jahren wurde dann abgefüllt, versteuert, verschifft und ausgeliefert, bis bei den zwei verbliebenen Partnern je etwa 350 Flaschen im Keller standen.

Die Vorräte sind mittlerweile verkauft, verschenkt und getrunken, und ich habe glücklicherweise einen kleinen Teil davon abbekommen.

Der Whisky wurde im Mai 1998 destilliert und im August 2013 mit Fassstärke von 58,1% abgefüllt. Das Fass trug die Nummer 145 und war als "Fresh Sherry" gekennzeichnet. Ich deute das so, dass das Fass unmittelbar vorher - also ohne andere "Gäste" dazwischen - mit Sherry gefüllt war. Die Etiketten der Flaschen sind im wesentlichen Standardetiketten von Springbank, aber ein Bereich stand zur freien Verfügung der Kunden und ist mit dem Schriftzug "Private Bottling for Cologne Single Malt Trust" versehen. Diesen "Trust" gibt es so natürlich nicht, es handelt sich um eine hübsche Fantasiebezeichnung. Immerhin weist der Hinweis auf die Herkunft in die richtige Richtung.

Colour: M9 (Terracotta)

Nose: Die Fassstärke spürt man schon in der Nase. Das ist kraftvoll, geradezu kribbelnd. Natürlich kommt der Alkohol durch, auch der Sherry ist deutlich. Darüber hinaus finde ich Zitrusfrüchte und - ungewöhnlich - auch deren Schale mit einem Anklang an die ätherischen Öle, die sonst in der Weihnachtszeit durchs Zimmer ziehen. Ein paar Nelken sind da, eine Idee von irgendwelchen exotischen Früchten und Pfeifentabak (nicht brennend, sondern frisch aus der Dose). Mein Vater hatte früher zwei Gläser davon im Schrank stehen, obwohl er seine Experimente als Pfeifenraucher schnell wieder aufgegeben hat. Daran fühlte ich mich erinnert, es war wie ein kleiner Ausflug in die Kindheit.

Taste: Auch auf der Zunge wirkt der Alkohol zunächst recht dominant, der Whisky ist kraftvoll und hat diese Öligkeit, die die Zunge belegt. Auch der Sherry ist nach wie vor stark, dazu ein wenig dunkle Schokolade. Der Gesamteindruck ist reichhaltig und kräftig. Interessant (und sehr lecker) finde ich, dass die Süße irgendwann aus dem Geschmacksbild verschwindet und einem eher herben Bild Platz macht, so als ob der Sherry, der das Fass geprägt hat, ein trockener Vertreter (Fino?) gewesen ist. Ich kann mich nicht erinnern, schon mal was über die Verwendung von Finofässern im Whiskyausbau gelesen zu haben, aber das muss ja nichts heißen.

Finish: Der Abgang ist sehr lang, warm und feurig. Der Whisky bleibt aber mehr auf der Zunge, er will da irgendwie gar nicht weg. Der sonst typische Übergang des Geschmacksempfindens in die Atemluft fällt deshalb weniger stark aus.

Wasser: Bei einem Whisky mit dieser Stärke und Intensität bietet es sich natürlich an, mit ein paar Tropfen Wasser zu experimentieren. In der Nase hat das recht gut spürbare Auswirkungen, die Tabak- und Gewürznoten kommen mehr in den Vordergrund. Auf der Zunge tut sich aber kaum etwas. Vielleicht wird der Sherry etwas deutlicher, und die Fruchtnoten aus der Nase schaffen es ein bischen bis auf die Zunge, aber den bei anderen Whiskies oft anzutreffenden Effekt, dass Wasser weitere Aromen erst sichtbar macht, den vermisse ich hier. nun ja, vermissen ist vielleicht nicht ganz richtig. Er ist einfach nicht da. Aber so richtig stören tut mich das nicht. Jeder Whisky ist halt anders, und ich bin sehr froh, auch diese Besonderheit im Regal stehen zu haben.

Wertung:

Zur Destillerie gehts hier: Springbank

Tasting: Der Abend der offenen Flaschen 2015

Der Abend der offenen Flaschen

Der Jahreswechsel ist ja eigentlich schon eine Weile her. Aber man könnte sagen, dass 2015 erst jetzt so richtig abgeschlossen ist.

Warum?

Wer hier öfters mal liest, der weiß, dass wir gerne zu Tastings von Malt'n'Taste gehen. Und als Jahresabschluss veranstaltet Michael - wenn es sich mit "Material" und Terminen ausgeht - einen Abend der offenen Flaschen. Diesmal hatte es sich ergeben, dass der Abend erst Ende Januar stattfand. Und damit können wir dann 2015 auch whiskymäßig schließen.

Die Einladung zu diesem Abend geht an jeden, der auf Michaels Tasting-Verteiler steht (also eigentlich jeder, der schon mal ein Tasting bei ihm erlebt hat), und zur Verkostung stehen alle offenen Flaschen des Jahres, in denen sich noch ein nennens- und kostenswerter Rest befindet. Bezahlt wird in Form einer Spende, für die irgendwo im Raum eine Dose (diesmal eine Aberlour-Drum) steht. 10,- EUR für die Verpflegung durch das Restaurant sind Pflicht, darüber hinaus gibt jeder, was ihm der Abend wert ist. Und dann dürfen alle offenen Whiskies gekostet werden.

Natürlich sind manche Flaschen recht schnell leer, je schneller, umso besser und beliebter der Whisky darin ist. Überraschenderweise (oder ist das gar nicht so überraschend?) kommt da keiner auf die Idee, sich zu beeilen, um möglichst viele der "Schätzchen" noch mitzunehmen. Vielmehr wird von der ersten Minute an in aller Ruhe genossen, gerochen, analysiert und diskutiert - und auch mal das Glas direkt getauscht, um dem Gesprächspartner die Gelegenheit zu geben, die eigenen Eindrücke nachzuvollziehen. Zwischendrin tut immer mal wieder ein Schluck Wasser gut, um die Geschmacksnerven auf den nächsten Genuss vorzubereiten.

Für etwas zu beißen (und Grundlage für die vielen flüssigen Kostbarkeiten) sorgte wie auch bei den "normalen" Tastings das Gasthaus Zur Linde mit Schmalzbroten und hausgemachten Frikadellen, die allein schon den Besuch wert wären.

Der Abend wurde ganz schön lang, wir waren erst weit nach Mitternacht zu Hause. Und zum Schluss lag es gar nicht mal so sehr daran, dass man von den Whiskies nicht genug bekommen konnte. Mindestens ebensoviel waren es die Plaudereien mit nahen und entfernteren Bekannte, alten und neuen Freunden. Das Hobby verbindet nun mal, und man findet gemeinsame Themen und Interessen - auch über den Whisky hinaus.

Wie üblich gibt es für diesen Abend keine detaillierten Tasting Notes. Das war ja auch eher ein Rundflug durch die Whiskyregionen, eine Erinnerungstour durch vergangene Tastings, eine Genuss- und Fachsimpel-Runde mit Freunden. Probiert habe ich diesmal ziemlich viele Whiskies. Von den meisten hatte ich allerdings nicht viel im Glas, und eine ganze Reihe habe ich nur bei meiner Frau gekostet. Immerhin habe ich ein paar Notizen angefügt, wo mir noch was einfiel:

  • Glendronach 15 yrs Revival - 46%, Eclusively matured in the finest spanish Oloroso Sherry Casks - Exzellenter Sherrywhisky

  • Glenkinchie Distillers Edition - 1992 - 2007, Double Matured in Amontillado Cask Wood - fruchtig, Aprikose

  • Ben Nevis Vintage 1991 - 46%, 23 yrs, distilled 16.08.1991, bottled 07.05.2015, matured in Sherry cask #2976, bottle no. 544, Signatory Un-Chillfiltered Collection

  • Aultmore 8 yrs Whic - 53,9%, distilled 12.03.2007, bottled 12.01.2015, cask #900016, bottle no. 18 of 60, matured in a Sherry butt - Die Überraschung des Abends

  • Caperdonich 1999 Gordon & MacPhail - 46%, bottled 2013, Connoisseurs Choice Collection - ganz klassischer Scotch ohne Finish, aber sehr gut

  • Longrow Peated - 46%

  • Bowmore Black Rock - 40%, Matured in finest oak casks - besser als ich (bei meinen Bowmore-Vorbehalten) gedacht hatte

  • The Balvenie 12 yrs Single Barrel - 47,8%, first fill cask, cask #3198, bottle no. 30/300 - der etwas kräftigere von zwei sehr ähnlichen Whiskies

  • The Balvenie 12 yrs Single Barrel - 47,8%, first fill cask, cask #3231, bottle no. 254/300 - der etwas mildere von zwei sehr ähnlichen Whiskies

  • BenRiach 15 yrs Madeira Wood Finish - 46% - Madeira ist (m)ein heimlicher Favorit

  • Cragganmore 12 yrs - 40%

  • Peats Beast Cask Strength - 54,1%, Pedro Ximenez Sherry Wood Finish, Islay Single Malt - WOW! Viel Rauch. Herkunft nicht gesichert, aber wir tippen auf Bruichladdich. Oder Ardbeg? Oder doch Bruichladdich? Diese Flasche war nicht offen, Michael hat sie am späteren Abend als besonderes Highlight gestiftet - Vielen Dank!

  • Ardbeg TEN - 46%

  • Glenfiddich 15 yrs - 40%, Unique Solera Reserve - schmeckt mir besser als die Distillers Edition

  • Jura Turas-Mara - 42%

  • Glenmorangie 10 Years Old - 40% - elegant

  • Glen Ord 1997 - 57,8%, 17 yrs, distilled 30.04.1997, bottled 28.10.2014, Matured in a Hogshead, Cask #800092, bottle no. 26/207, Signatory Cask Strength Collection

  • Auchentoshan Spring Wood - 40%, Bourbon Casks

  • Blackstone 15 yrs - 40% - Der ist von Aldi! Aber gar nicht mal so schlecht. Vorurteil widerlegt ...

  • Cardhu Gold Reserve - 40%

  • Glenmorangie Nectar d'Or - 46%, 12 yrs, extra matured in Sauternes Casks

  • Glenmorangie Lasanta - 43%, Sherry Cask extra matured - die Glenmorangies sind mir alle irgendwie zu weich, zu perfekt

  • DYC 10 yrs - 40% - Whisky aus Spanien muss nicht schlecht sein.

  • The Glenlivet Guardian's Chapter - 48,7% - Sehr schade, dass es davon nur 197 Flaschen gab.

Zur Tasting-Webseite gehts hier: malt'n'taste

Ein paar Fotos vom Abend:

Ardbeg Airigh Nam Beist 2006

Ardbeg Airigh Nam Beist 2006

Ardbeg ist eine meiner Lieblingsdestillerien. Das liegt natürlich an den Whiskies, die dort produziert werden. Aber es liegt auch an den Menschen, die ich dort kennenlernen durfte. Menschen, die ihre Produkte lieben, die Whisky leben. Und Menschen, die Service und Hilfsbereitschaft groß schreiben.

Ich war zuerst im Mai 2015 dort und nahm an einer Abendführung teil. Kein Besucher mehr in der Destillerie, außer unserer Gruppe. Jackie Thompson, Managerin des Visitors Centre und des Old Kiln Cafe, führte uns durch die Destillerie. Und das war keine Standardführung. Schon zur Begrüßung wurde ein Dram der Extraklasse serviert (ein 1976er Ardbeg, der speziell für den französischen Importspezialisten Velier abgefüllt wurde), und Jackie erklärte uns in ihrer unnachahmlichen und lebhaften, begeisterten und begeisternden Art die chemische Seele des Whisky. Nach der Tour stellte sich heraus, dass etwas mit der Taxibestellung für die Gruppe nicht so lief wie geplant. Jackie fuhr uns kurzerhand mit ihrem eigenen Wagen (einem Kleinbus) in drei Fuhren nach Port Ellen - und bestellte nebenbei gleich das Essen für die Gruppe beim örtlichen Schnellimbiss.

Nur vier Monate später war ich wieder in Ardbeg. Diesmal aus Anlass des 200th Anniversary Dinner für ausgewählte Gäste aus der Umgebung und ausgeloste Glückspilze aus der ganzen Welt. Woher nimmt man eigentlich das Glück, zu so einer Veranstaltung ausgelost und eingeladen zu werden? In dieser Umgebung lernte ich dann Mickey Heads, den Destillery Manager und Gastgeber des Dinners kennen, außerdem seine Frau, eine neue Mitarbeiterin, die in Zukunft für Ardbeg durch die Weltgeschichte reisen und Fässer begutachten wird, und Lynn, die zum Shop gehört und mir einige Monate zuvor geholfen hatte, als meine Bestellung durch den langen Poststreik wieder in der Destillerie gelandet war. Und so ganz nebenbei stellte sich der Sitznachbar als Architekt einer neuen Destillerie auf Islay heraus - Ardnahoe, wie mittlerweile offiziell bekannt wurde.

Auch für die leiblichen Genüsse wurde exzellent gesorgt. Es gab zu jedem der hervorragenden Gänge einen Whisky, der dem Essen in nichts nachstand. Von der schon oben erwähnten Velier-Abfüllung (davon gibt es anscheinend noch ein paar Vorräte) über den neuen Supernova, einen feinen Tropfen aus Mickeys Privatfass bis zum "1815", einer auf 400 Flaschen limitierten und mit 3000,- GBP pro Flasche nicht gerade billigen Jubiläumsabfüllung, der zum letzten Toast am Pier ausgeschenkt wurde.

Und als sei das alles noch nicht genug, gab es noch ein Bonbon der besonderen Art. Ardbeg hatte, inspiriert von einem vorausgegangenen Dinner (200 Jahre sind soviel, dass man das ruhig mehrfach feiern kann), vorgeschlagen, dass die Gäste ihre eigenen Ardbeg-Abfüllungen mitbringen könnten, die sie gerne mit anderen Ardbeg-Liebhabern teilen möchten. Das hatten verschiedene Gäste auch getan, und so machten allerlei Seltenheiten wie Blasda, Ardbog und Galileo die Runde. Ein Abend im Whisky-Paradies.

Der letzte Punkt führt mich nun (endlich?) zu dem Whisky, den ich heute beschreiben möchte. Denn mein Beitrag zum Abend war ein Airigh Nam Beist, 1990 destilliert und 2006 mit 46% abgefüllt. Bei dem Überfluss genialer Whiskies war natürlich einiges übrig geblieben, und so kann ich heute etwas über diesen leckeren Tropfen erzählen, der übrigens weder gefärbt noch kühlgefiltert wurde.

Colour: M7 (Safran)

Nose: Der erste Eindruck ist kraftvoll und rauchig. Danach kommen Holz und Vanille durch, Spuren, die die Eichenfässer hinterlassen haben, in denen der Whisky gelagert wurde. Medizinische Noten, Gischt und Seetang, alles typisch für Islay, dann Zitrusnoten und - Pinienkerne.

Taste: Auf der Zunge gibt sich der Beist unerwartet weich und ölig. Eine ungewöhnliche Geschmacksvariante für einen Islay-Whisky, die sicher zum Teil dem Alter zuzuschreiben ist. Holz und Vanille im Geschmack überraschen nicht wirklich, auch die Medizin kennen wir schon aus der Nase. Interessant ist die pfeffrige Schärfe, die hin und wieder aufblitzt - und das widerspricht nicht dem anfänglichen Eindruck von Weichheit.

Finish: Der Abgang ist mittellang und bestenfalls vorsichtig warm. Es ist aber nicht so, dass der Whisky sein Pulver zu früh verschossen hätte. Ich fühle mich eher an einen geruhsamen Feierabend nach einem lebhaften Arbeitstag erinnert, so mit Kaminfeuer, Ohrensessel und so.

Einfach, kräftig, ausgeglichen - das ist ein gezähmter Ardbeg. Nicht so bissig wie ein TEN oder Corryvreckan. Wo letztere fauchen, da schnurrt der Airigh Nam Beist nur. Lecker!

Wertung:

Zur Destillerie gehts hier: Ardbeg

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